Die 3. Staffel - eine Nachbetrachtung

Kaum war die 3. Staffel auf DVD erschienen, trat ein wenig derselbe Effekt ein, der sich schon seinerzeit bei der Ausstrahlung gezeigt hatte: die Begeisterung hielt sich doch merklich in Grenzen. Viele Fans waren und sind von der 3. Staffel enttäuscht, und ich will an dieser Stelle ein wenig nach den Gründen suchen. Ein Wort noch vorweg: dieser Text ist als Kommentar zu verstehen, als meine persönliche Meinung. Es handelt sich hier nicht um offizielle Statements von Radio Bremen, Pixis, Sony BMG, TV60 oder sonst einer mit den "Eltern" verbundenen Anstalt! (HR)

Die Schefers in der 3. Staffel

Was war anders?

Zunächst mal ist die Familie Schefer natürlich gewachsen – denn Jennys Sohn Philipp, der vorher zwar als Säugling jede Menge Aufmerksamkeit braucht, mischt jetzt auch (mehr oder weniger) aktiv mit. "Mehr oder weniger" deshalb, weil er praktisch nie eine zentrale Rolle spielt; wenn man böse wäre, könnte man gar sagen, er fungiert nur als Stichwortgeber.

Punkt zwei ist Jennys Karriere bei der Marine. Wolfgangs Reaktion darauf war sicherlich auch für die Fans absehbar, was jedoch nicht heißt, daß man damit auch einverstanden sein muß. Ich persönlich bin jedoch der Meinung, daß man das trotz allem noch durchgehen lassen kann. Ob es dagegen wirklich sinnvoll war, Jenny noch bei der Marine unterzubringen? Wie Ulrike am 05.04.2007 so treffend ins Gästebuch schrieb: die Marine spielt, für eine Familienserie, eine zu große Rolle.

Jenny, Philipp und Thomas

Und dann die Familie selbst: von der ursprünglichen Familie ist nicht mehr viel übrig geblieben. Der Zuschauer wird ein ein Chaos geworfen, beide Elternteile haben getrennte Wohnungen, die Kinder sind in alle Himmelsrichtungen verstreut (bis auf Alex, der ja gleich in der 1. Folge von der Schule fliegt und nicht so richtig weiß, was er will), kurz: alles ist anders. Das mag sicherlich daran gelegen haben, daß es andere Autoren gab (Rainer Boldt war noch mit dabei, Christoph Mattner jedoch nicht mehr), oder daß man einfach ein Stück weit einen Neuanfang wagen wollte. Das war ein Spiel auf Risiko, und nach meiner Ansicht ist das nicht sonderlich glücklich ausgegangen – weder dramaturgisch noch wörtlich.

Kontinuität

Wer die „Trivia”-Abschnitte und die Patzer zur 3. Staffel bei den einzelnen Folgen gelesen hat, dem wird aufgefallen sein, wie schlampig stellenweise gearbeitet wurde. Während man in der 1. Staffel die Fehler wirklich noch mit der Lupe suchen muß, springen sie bei der 3. Regelrecht ins Auge, zumindest dann, wenn man die einzelnen Folgen recht kurz hintereinander sieht. So etwas kann sicherlich passieren – aber für den Zuschauer bleibt ein wenig der fade Nachgeschmack, daß das ganze nur lieblos hingeklatscht wurde.

Lose Fäden

Am Ende der 3. Staffel blieb doch noch die eine oder andere Frage offen: Felix hatte sich beispielsweise engagiert für ein Jugendprojekt eingesetzt, mit dem Auftauchen von Teresa fiel das Thema jedoch unter den Tisch. Auch ist nicht ganz klar, wie es denn nun mit Felix weiterging. War er noch bei seiner Gemeinde angestellt oder nicht? Die sehr sympathische Frau Dr. Stappenbeck ist irgendwann ebenfalls sang- und klanglos verschwunden. Felix hat im Laufe der 3. Staffel im Schnitt in jeder 2. Folge eine neue Freundin, was doch eher ungewöhnlich ist (auch wenn das Verhältnis zu einigen der Damen nie so ganz klar wird).

Moderne Zeiten ...

Moritz und Alexander

Doch nicht alles ist schlecht an der 3. Staffel, man hat sich in vielen Dingen den veränderten Zeiten angepasst. Frauen bei der Bundeswehr sind ein Thema, auch der immer größeren Bedeutung von Computern wird Rechnung getragen, und last but not least wird sogar eine Randgruppe mit einbezogen: es gibt ein deutlich entspannteres Verhältnis zum Thema „Homosexualität”. Während das Thema in der 1. Staffel wirklich nur zweimal kurz angerissen wird (wir erinnern uns: "Nichtraucher, sportlich", Frau Schmalz entschuldigt sich bei Moritz dafür, daß sie seine Krankheit in der ganzen Klasse bekannt gemacht hat und er antwortet: „Schwule outen sich gern gegenseitig, und sie outen eben gern Diabetiker!”; außerdem wird in der vorherigen Folge der Verdacht geäußert, Thomas Brenner sei möglicherweise „vom anderen Ufer”), gibt es in der 3. Staffel gleich zwei schwule Charaktere: den Musiker Ruben Terstege (Egon Wellenbrink) und Felix' Kollegen Pastor Marten (Christof Wackernagel), der sich sogar in Felix verliebt. Zudem spielt auch noch eine Szene in einem schwulen Club in Bremen und Felix läßt mehrfach durchblicken, daß zumindest er keine Probleme mit diesem Thema hat.

Die späten 1990er waren die Zeit, in der sich eben diese Dinge geändert haben: Frauen haben bei der Bundeswehr (und wohl auch der Marine) eine immer größere Rolle gespielt, gleiches gilt für Computer allgemein im Leben, und auch Homosexualität wurde mehr und mehr normal. Genau das wollte die Serie ja immer wiederspiegeln: das Normale, den Alltag, und da gehören diese Dinge natürlich mit dazu. Wenigstens in diesem Punkt haben die Autoren dann wieder ins Schwarze getroffen.

Das bringt mich zu der Frage, wie eine 4. Staffel ausgesehen hätte – wäre, wie vor pcxHB im Zusammenhang mit dem Gewinnspiel 2006 vorgeschlagen, wirklich einer der Schefers schwul geworden (es bliebe ja fast nur noch Alex, der Rest war ja vergeben)? Das Thema hätte natürlich besonders in der Schule interessanten Spielraum geboten.

Verpaßte Chancen

Felix und Frau Gottberg

Einige Chancen wurden in der 3. Staffel vertan: so war zum Beispiel Gisela Trowe eine grandiose Besetzung für Frau Gottberg, die einen wirklich erfrischenden Beitrag zur Serie geleistet hat. Vielleicht hätte man sie mal mit Oma Lisbeth bekanntmachen sollen, die beiden hätten sicher ein gutes Team abgegeben. Leider war sie nur eine Folge lang dabei.

Weitere "schwere Themen"

Während sich die erste Staffel mehreren Problemthemen widmet – Moritz' Diabetes, Gewalt an Schulen, Beziehung zwischen einer Schülerin und einem Lehrer, um nur einige zu nennen – ist die 3. Staffel in dieser Hinsicht deutlich harmonischer. Man hätte sicher noch mehr einbauen können, Potential hätte es wirklich genug gegeben. Auch das fehlte mir ein wenig bei dieser Staffel.

Personen

Bis auf die Schefers und einige wenige Ausnahmen (Benita, Kpt. Steglitz, Luigi und in der 1. Staffel die Lehrerschaft) gab es in der 3. Staffel kaum noch bekannte Gesichter. Drei Darsteller/innen gaben sich erneut die Ehre, wenn auch in anderen Rollen: Petra Hinze war in der 1. Staffel bereits als Mutter von Aisha zu sehen und fungiert jetzt als Wolfgangs Sekretärin, und Senta Bonneval (Frau Wittstamm) war in der 2. Staffel im Sekretariat der Sozialstation, bei der Felix seinen Zivildienst macht (dort wird sie übrigens nur mit ihrem Vornamen angesprochen, das hätte man schön zu einer Figur zusammenziehen können). Auch Rüdiger Eckert, einer der beiden Feldjäger war vorher bereits zu sehen, in Folge 2.01 spielt er einen Taxifahrer.

Viele bekannte Charaktere – Pascal, Julia, Aisha, die Lehrer, Moritz' Kumpel Jakob, Sol, Ebba ... – fehlen in der 3. Staffel komplett. Sicher, der Freundes- und Bekanntenkreis ändert sich, auch werden im richtigen Leben manche Schauspieler einfach keine Zeit gehabt haben, aber dieser Schnitt war doch sehr extrem. Nicht zuletzt dieser Umstand dürfte bei vielen Fans Kopfschütteln verursacht haben.

... und doch noch "Nicht von schlechten Eltern"?

Trotz aller Macken, aller Unklarheiten, verpaßten Chancen und was auch immer, zeitweise stellte sich in der 3. Staffel doch noch so etwas wie das typische "Schefer"-Gefühl ein: zum Beispiel im Krankenhaus, als Teresa "geklaut" wird und alle Geschwister mitziehen, oder als es darum geht, das Haus zu behalten. Viele Dialoge haben den typischen Schefer-Witz, und am Ende raufen sie sich doch immer wieder zusammen, bis zum großen Finale. Nein, die dritte Staffel hatte sicher nicht nur schlechte Seiten, aber sie ist eben doch ganz anders als die erste und zweite. Und zu guter Letzt: es hätte auch schlechter enden können.


Zuletzt geändert: 29.12.2023, 08:50