Interview mit Colin Kippenberg

Vierzehn Jahre nach den Dreharbeiten zu den Eltern habe ich die Darsteller nochmal angeschrieben und darum gebeten, uns ein paar Fragen zu beantworten. Eine "direkte" Befragung war aus logistischen Gründen kaum möglich, da ich in Stuttgart wohne und die Darsteller über die ganze Welt verteilt sind. Trotz allem kamen bereits nach kurzer Zeit die ersten Antworten. Langsam, aber sicher füllt sich die Liste – diesmal stand uns freundlicherweise Colin Kippenberg Rede und Antwort, der seinerzeit Alex(ander) Schefer spielte.


Heiko Reddingius, NvsE.de: Colin, Du bist mittlerweile 26, die ersten Dreharbeiten zu den "Eltern" liegen nunmehr 14 Jahre zurück. Damals warst Du Schüler am Alten Gymnasium in Bremen, wo die Serie gedreht wurde. Bist Du eher zufällig in die ganze Sache 'reingerutscht oder hast Du Dich damals aktiv um die Rolle bemüht?

Colin Kippenberg Die Frage wurde mir öfter genau so gestellt. Da ich aus Bremen kam, meinten die meisten, dass die Filmschule auch meine wirkliche Schule sei. Außer ein paar flüchtigen Bekanntschaften hatte ich aber mit der Schule nicht viel zu tun. Ich besuchte zu der Zeit eine andere Schule, später das Kippenberg-Gymnasium in Bremen.

Das mit der Rolle war wirklich eher Zufall. Eines Tages kam eine Frau vom Casting in meinen Unterricht. TV 60 suchte für "Nicht von schlechten Eltern" noch die Person, die die Rolle von Alex Schefer übernehmen sollte. Da die Rollen der anderen beiden Söhne (Moritz und Felix) schon mit dunkelhaarigen Schauspielern besetzt waren, war es sicherlich auch eine Frage der Authentizität, einen blonden Jungen zu casten, da ja beide Eltern blond sind. Deswegen wurde ich zum Casting eingeladen. Zufälligerweise hatte ich, als die Casting-Agentin herein kam, bei meiner Mutter Kunstunterricht.

Um schon die nächsten Fragen vorweg zu nehmen: Der Unterricht mit meiner Mum war ganz okay. Ich hatte sie aber auch nur für ein Halbjahr als Kunstlehrerin in der fünften Klasse. Und wenn ein Elternteil an der Schule unterrichtet, hat dies nicht nur Nachteile, wie ich festgestellt habe. Einige Lehrer hätten mir zum Teil sicher schlechtere Noten gegeben, wenn sie meine Mutter nicht gekannt hätten ...

HR: Wenn Du gewußt hättest, was auf Dich zukommt - immerhin lief die Serie am Ende ja doch über drei Staffeln - hättest Du Dich auch dafür entschieden, mitzuspielen?

CK: Ja – nur hätte ich mich viel schneller entschieden. Ich hatte etwa drei Wochen Bedenkzeit und bekam während dieser Zeit viel über die Serie und meiner Person zu hören. Ich war dem ganzen sehr skeptisch gegenüber und fand vieles an dieser "Familienserie" sehr "uncool". Zugesagt habe ich am letzten Tag, kurz bevor ein anderer die Rolle bekam (man hatte mir die Gage mitgeteilt ... hehe).

HR: Hattest Du damals viel mit Alexander gemeinsam, zum Beispiel das Faible für Rapper (wir erinnern uns an die Kriss-Kross-Phase) oder den Modegeschmack?

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Colin Kippenberg 2006
Foto: privat
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CK: Also, ich kam auch schon recht früh in Kontakt mit Hip-Hop und Rap. Insofern mag da an der Serie einiges dran sein, was mir persönlich entspricht. In der letzten Staffel habe ich teilweise die Garderobe selber nach meinem Geschmack ausgesucht. Was das Kriss-Kross angeht, so fand ich das damals ziemlich peinlich die Hosen falsch rum zu tragen ... am Set hatte ich echt das Gefühl hart für mein Geld zu arbeiten.

HR: Nach den Dreharbeiten bist Du ja wieder ganz normal zur Schule gegangen. Wie waren da die Reaktionen von Klassenkameraden und Freunden?

CK: Ziemlich unterschiedlich. Am Ende bleiben einem wahrscheinlich besonders die schlechten Reaktionen im Gedächtnis. Viele gab es anscheinend nicht, sonst hätte ich ein paar mehr Erinnerungen an Reaktionen. Einige negative Äußerungen gab es zu Anfang von ein paar älteren Schülern. Aber die waren meiner Meinung nach relative Außenseiter und ich habe sie nicht wirklich ernst genommen. Das überraschenste Feedback kam von zwei Jungle und Drum N Bass Fans die ich irgendwann im Bremer F-House getroffen habe. Die Serie lag damals schon 8 Jahre zurück trotzdem haben mich die beiden sofort im Dunkeln erkannt. Ich war relativ verblüfft, dass diese beiden so große Fans von der Serie waren, dass sie mich sofort wieder erkannten!

HR: Nach den "Eltern" hast Du Dich ja komplett aus der Schauspielerei zurückgezogen. Was war der Grund dafür - hattest Du damals einfach die Nase voll davon oder waren Dir Schulabschluß und Studium erst mal wichtiger?

CK: Ich habe auf jeden Fall einfach mein Leben weiter gelebt und mich nicht um die Schauspielerei gekümmert. Hätte ich die Schauspielerei wirklich weiter machen wollen, hätte ich mich wohl in eine Schauspielagentur einschreiben müssen. Schule, Studium und dergleichen waren mir jedoch weitaus wichtiger. Die Schauspielerei macht zwar schon enorm Spaß und man verdient ein Heidengeld ohne viel leisten zu müssen. Aber auf Dauer ist es ein Risikojob. Besonders wenn man keine richtige Ausbildung hat, kann man doch gerade heute in der schnelllebigen TV-Welt schnell ganz vergessen sein.

Als Schauspieler ist man zwar vielleicht der Star am Set. Aber man ist nicht derjenige, der die Fäden in der Hand hält. Ich persönlich bin aber eher derjenige, der genau das tut. Und dafür nehme ich gerne in Kauf, etwas mehr zu arbeiten.

[Anmerkung: Der letzte Absatz wurde nachträglich (07/2018) etwas gekürzt – die Formulierung war sowohl veraltet als auch missverständlich und die Aussage würde in der Form heute von Colin nicht mehr getätigt und von mir nicht mehr veröffentlicht werden/HR]

HR: Könntest Du Dir heute vorstellen, doch nochmal eine TV- oder Filmrolle zu übernehmen?

CK: Sicherlich. Es ist ja ein angenehmer Job! Man bekommt gutes Geld, wird am Set umhätschelt und getätschelt und bekommt, wenn man abends ausgeht, immer wieder Blicke zugeworfen. Was sollte also dagegen sprechen?? Für mich war es nur eine Entscheidung für etwas anderes - nämlich Sicherheit - als gegen die Schauspielerei, als ich mich nach der Serie nicht mehr dafür engagiert habe, weitere Rollen zu spielen.

HR: Gibt es eine Rolle, die Du gern einmal spielen würdest?

CK: Ich würde auf jeden Fall immer lieber den Bösewicht spielen, als den Sheriff ... frag' mich nicht wieso, ist halt irgendwie so. Meistens haben die Bösewichte auch immer ausgefallene Charaktere. Das gefällt mir.

HR: Gab es an den "Eltern" irgend etwas, daß Dich gestört hat?

CK: Nein, kann ich nicht sagen.

HR: Welche Folge der Serie gefiel Dir persönlich am besten?

CK: Das kann ich wirklich nicht sagen, da ich mich ehrlich gesagt kaum noch an die einzelnen Folgen erinnern kann. Ich habe die Folgen seit ihrer Ausstrahlung nie wieder gesehen.

HR: Und was geht Dir heute so durch den Kopf, wenn Du Fotos von Dir selbst damals siehst?

CK: Die Fotos find ich lustig. Irgendwie komisch einen Teil seines Lebens so öffentlich zugänglich dokumentiert zu sehen…

HR: Hast Du die DVDs eigentlich?

CK: Yep, ich habe ein paar bekommen. Aber noch nicht die Zeit gefunden sie anzuschauen ... das kommt dann wohl noch.

HR: Wenden wir uns mal der Gegenwart zu ... Du bist 26, hast mittlerweile selbst das Abitur und auch ein Studium abgeschlossen. In den letzten Jahren warst Du viel im Ausland, unter anderem inden USA und in den Niederlanden. Was hast Du für Dich langfristig geplant?

CK: Das weiß ich noch nicht so genau. Mal sehen was die Zukunft bringt. Ich könnte mir vorstellen, noch mal eine Zeit nach Frankreich zu ziehen. Im Endeffekt habe ich aufgehört langfristig zu planen. Drei Jahre lang habe ich davon geredet, auf jeden Fall binnen kurzer Zeit nach Berlin zu ziehen. Und dann bin ich doch erst in Düsseldorf, dann München und jetzt Köln gelandet. Ich kann mein Leben schlecht voraussagen und versuche es auch gar nicht mehr. Das macht einen dann auch etwas lockerer. Aber ganz langfristig gesehen, sehe ich entweder eine Berliner Altbauwohnung mit Parkettfußböden (am besten eine zweistöckige Maisonette-Wohnung) oder aber eine kleines Haus in der Nähe von Marseille ...

HR: Hier kamen mittlerweile einige Anfragen an, ob Du noch zu haben bist ... magst Du dazu etwas sagen? :)

CK: Also ich trage noch keinen Ring an der Hand.

HR: Dann danke ich Dir, daß Du Dir die Zeit für das Interview genommen hast!


Dieses Interview wurde im Oktober 2006 per BriefMailwechsel geführt.


Zuletzt geändert: 29.12.2023