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Tanja (Alexandra Henkel) und ihr Vater (Günter Lamprecht)
(Bild: ZDF und G.Stachowski/TV 60, München)
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Dass die Produktion ausgerechnet in dieser Zeit stattfand, ist ein kleiner Glücksfall, denn Berlin fing gerade an, wieder eins zu werden (ein Prozess, der bis heute anhält, aber viele Veränderungen mit sich gebracht hat). Allein das macht die Serie aus heutiger Sicht schon bemerkenswert, denn sie ist auch ein kleines bisschen ein Portrait von (vorrangig West-)Berlin zur Wendezeit.
Manche Figur, manche Szene mag aus heutiger Sicht überzogen erscheinen, doch vieles kam mir tatsächlich so oder in ähnlicher Form bekannt vor. Angefangen mit dem latenten Rassismus, festgeschrieben in Dialogen wie „Ich habe ja nichts gegen den Jungen persönlich – er ist sehr nett, hat gute Manieren, kommt mit Blumen und so weiter” – das wäre ja noch der Traum jeder potentiellen Schwiegermutter, aber allein die Hautfarbe passt nicht und Töchterchen möchte sich doch bitte nicht mit „solchen” herumtreiben. Da ist es schon fast verwunderlich, dass der Vater – Günter Lamprecht im 70er-Jahre-Pullunder mit Karomuster – den schon vorher genannten Uwe zurechtweist, dass man nicht mehr „Neger” sagen darf. Nahezu grotesk mutet der offen zur Schau gestellte Rassismus von Lehrer Dr. Neithardt (Udo Schenk) an – leider war auch das damals Realität, wie ich aus meinem eigenen Umfeld heraus bestätigen kann.
Überraschend ist dagegen, wie aktuell manche Themen heute noch sind und vor allem, wie intensiv gerade die politische Seite thematisiert wird – wenn man berücksichtigt, dass es sich um eine Weihnachtsserie handelt, also eher ein Kinder- und Jugendprogramm, und das auch noch 1990. Würde so etwas derart deutlich heutzutage produziert, gäbe es einen Aufschrei aus dem rechten Lager. Das wird letztlich auch an einigen Feinheiten deutlich: Als fiktive Tageszeitung wurde für die Serie das „Berliner Tageblatt” wiederbelebt, welches in der Weimarer Republik eine eher liberaldemokratische Position einnahm.
Die Besetzung ist rundum gelungen, sowohl in den Haupt- als auch Nebenrollen. Ausreißer nach unten habe ich keine gefunden; das stellenweise etwas hölzern anmutende Spiel mag eher dem Drehbuch und dem Zeitgeist geschuldet sein. Andreas Mannkopff ist mal wieder der sympathische, etwas schlitzohrige Mensch in der Nebenrolle – diesmal als Journalist beim oben erwähnten „Berliner Tageblatt” –, Günter Lamprecht verkörpert glaubwürdig den Vater, der nur das Beste für seine Tochter will, mit seinen eigenen Vorurteilen und daneben noch persönlichen Problemen kämpft. Dementgegen steht Winfried Glatzeder als weltgewandter Journalist, bisweilen mit einem Anstrich von Arroganz. Ein ebenso großer Gegensatz sind die beiden Mütter: Christina Horn als spießig-bürgerliches Hausmütterchen, in manchen Szenen so pointiert, dass man fast denken könnte, die Blaupause für Familie Schilling habe Loriot höchstpersönlich geliefert. Auf der anderen Seite Claudia Amm als Hanna Pacul, ebenso weltgewandt wie ihr Mann, und selbstverständlich berufstätig.
Und natürlich sind da noch Leandro Blanco als Ron und Alexandra Henkel als Tanja. Beide sind in ihren Rollen sehr gut besetzt, mit dem gleichen Problem wie auch bei anderen Serien, dass sie ein wenig brauchen, bis die Chemie stimmt – nicht nur in der Handlung, sondern tatsächlich auch vom Schauspielerischen her. Erst ab der 2. Folge wirkt das Spiel der beiden Schauspieler flüssiger.
Schließlich möchte ich Udo Schenk nicht unerwähnt lassen. Ich habe Schenk schon oft gesehen und gehört – er leiht unter anderem Kevin Bacon, Gary Oldman und Ralph Fiennes seine Stimme – und oft genug waren unangenehme Charaktere dabei. In solchen Rollen läft Schenk zu einer derartigen Hochform auf, dass ich jedes Mal hoffe, dass er wirklich nur ein guter Schauspieler ist und privat ein völlig anderer Mensch. Die Rolle des rassistischen Lehrers spielt er jedenfalls mit Bravour.
Die mir vorliegende Variante ist ein Standard-2-DVD-Amaray (die Standardboxen, die früher in Schwarz daherkamen und heute zumeist transparent sind) mit Wendecover, produziert von Studio Hamburg Enterprises (die 2015er Ausgabe, EAN 4052912573918). Der Preis im Einzelhandel liegt bei etwa 10,- bis 12,- Euro. Bereits 2006 gab es eine Auflage von Warner mit gelbem Cover (EAN 4260094640360).
Die Bildqualität ist der Zeit angemessen insgesamt in Ordnung, lediglich bei Folge 1 gibt es einen Streifen am linken Bildrand und in allen Folgen die üblichen 2-3 fehlerhaften Zeilen am unteren Bildrand. Die Farben wirken stellenweise etwas ausgewaschen; bei Folge 6 beispielsweise ist das Bild vergleichsweise knackig und besser, als man es beim Alter des Materials erwarten würde.
... sollten auch hier alle, die mit den obigen Punkten so gar nichts anfangen können oder für die Filmspaß erst dann anfängt, wenn das Bild in Full-HD und Cinemascope und der Ton in Dolby Surround vorliegt.
Verfügbar ist die DVD-Box im ZDF-Shop, bei weiteren Online-Anbietern und im stationären Fachhandel. Außerdem gab es seinerzeit einen Roman zur Serie (als Autoren sind Felix Huby und Christoph Mattner genannt), die ISBN lautet 3-8000-2331-8 (nur noch antiquarisch erhältlich).
Bilder: ZDF und G. Stachowski/TV 60, München (wenn nicht anders angegeben).